Sir Christopher Lee ist bereits am vergangenen Sonntag, dem 7. Juni, im Alter von 93 Jahren in einem Spital in London gestorben. Sein Dracula ist und bleibt bis heute mit Abstand der beste aller Blutsauger. In Star Wars war er Count Dooku und im Herr der Ringe spielte er den Saruman. Nun ist er von uns gegangen, der Gentlemen der alten Schule, welchen er privat gab und er wird uns fehlen, der beste aller Bösewichte!
Der 1922 geborene Sohn eines britischen Offiziers und einer italienischen Gräfin entschied sich nach dem 2. Weltkrieg aus einer Bieridee heraus für die Schauspielerei, «ohne natürliche Begabung», wie er immer freimütig zugab. Zehn Jahre musste er sich mit Kleinstauftritten und Statistenrollen herumquälen und pflegte dabei sein Motto: «Du kannst dir die Rollen nicht immer aussuchen – hast aber trotzdem die Freiheit, sie mit Würde zu interpretieren.» Bald erhielt er das Angebot einer auf blutrünstigen Horror spezialisierten Firma namens Hammer, die ihn als Graf Dracula engagierte, den er dann noch sieben weitere Male gab. «Dracula bescherte mir einen Namen, einen Fanclub und einen Gebrauchtwagen», vermerkte Lee dankbar in seiner Autobiografie «Lord of Misrule».
Der heute längst legendäre «Hammer Horror» ist untrennbar mit seinem Gesicht verbunden: Ein schmales, elegantes Antlitz, das gut zu dem Untoten aus altem Adelsgeschlecht passte, ein stoisches, fast steifes Mienenspiel, das die psychologischen Dimensionen der Vampirrolle – Einsamkeit und sexuelle Gier – trotzdem auszuloten vermochte. Lee spielte für Hammer jedoch auch die Mumie, Frankensteins Monster und gleich fünfmal den Schurken Fu Man Chu. Schon früh wurde er zu einem herausragenden Bösewicht der Filmgeschichte. Zu den bekanntesten Figuren zählt der Scaramanga aus «The Man with the Golden Gun» und mit Bond-Erfinder Ian Fleming verband ihn ein entferntes verwandtschaftliches Verhältnis.
Vampire, so heisst es, können sich von ihrem Schatten lösen. Christopher Lee wusste es besser, denn den blutrünstigen Grafen wurde er nie mehr ganz los. Lee hat diese lebenslange Identifikation bespöttelt. Wirklich beklagt hat er sie nie. Noch 2002 fand Johnny Depp, ein guter Freund der letzten Jahre: «Du spielst an der Seite von Christopher und kannst gar nicht anders als zu denken: Oh mein Gott, er ist es – Dracula!» Bei den Filmen, die Lee besonders am Herzen lagen, sah freilich kaum jemand hin. Er war stolz, in «Jinnah» (1998) den gleichnamigen Gründer Pakistans verkörpert zu haben. Als sein bestes Werk bezeichnete der Schauspieler selbst den in der Masse recht unbekannten britischen Horrorfilm «The Wicker Man» (1973) über ein makaberes heidnisches Ritual.
Gemeinsam mit seiner Frau Gitte und der Tochter Christina lebte er, der schon einen Teil seiner Kindheit in der Schweiz verbracht hatte, für ein paar Jahre am Genfersee. Von dort aus bereiste er den ganzen Kontinent: Das Sprachtalent konnte Italienisch, Französisch, Spanisch, Deutsch und natürlich seine Muttersprache Englisch fliessend und wurde überall gerne beschäftigt. Er selbst ging all diese Engagements gewissenhaft an, ohne sich über ihren filmhistorischen Rang allzu grosse Illusionen zu machen. So blieben die Höchstleistungen dann auch eher anderer Natur, kaum jemand hat wohl in mehr Filmen mitgespielt als Lee – je nach Quelle pendelt die Zahl pendelt zwischen 250 und über 300. 17 Schwertkämpfe hat er vor der Kamera ausgefochten – Errol Flynn kam nur auf 9. Auch Lees Körperlänge wurde immer wieder hervorgehoben: 1,96 Meter, zumindest in den Blütejahren.
Im Alter von 63 Jahren musste sich der Opernliebhaber, passionierte Golfer und Zigarrenraucher einer Herzoperation unterziehen. Zum Ende des Jahrtausends freundete er sich mit dem leidenschaftlichen B-Film-Verehrer Tim Burton an, der Lee nun regelmässig engagierte, so etwa für «Sleepy Hollow» und «Charlie and the Chocolate Factory». George Lucas verschaffte ihm einen Blockbusterauftritt in der Episode II und III von «Star Wars» und sind wir ehrlich, Count Dooku ist das beste an diesen Episoden und eine kaum verhohlene Reminiszenz an seine berühmteste Rolle. Lee war ein grosser Bewunderer Tolkiens und hatte die Gelegenheit, ihn sogar noch persönlich zu treffen. Den «Herrn der Ringe» las er einmal pro Jahr und so ist es nicht verwunderlich, dass die Rolle des bösen Zauberer Saruman ihm sehr am Herzen lag. Umso grösser war seine Enttäuschung, als sein Part aus der Kinofassung des dritten Teils, «The Return of the King», gestrichen wurde – beim «Hobbit» war er dann wieder dabei.
Danke Christopher, danke für alle die grossartigen Monster und sag Peter Cushing und Vincent Price einen schönen Gruss.